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Happy Birthday

„Happy Birthday!“, rief meine Mutter laut, um mich zu wecken. Sie stand mit meinem Lieblingskuchen vor mir, mit genau 17 Kerzen drauf und sang für mich das Geburtstagslied. Als sie zu Ende gesungen hatte, lachten wir viel und ich pustete die Kerzen aus. Danach verließ sie mein Zimmer. Ich war seh raufgeregt, da ich wusste: Jetzt bin ich 17, ich bin dieses Jahr an der Reihe. Als ich mich umzog, ging ich nach unten und meine Mutter überreichte mir den Schlüssel und sprach dazu: „Du weißt, was zutun ist, Liebes.” Ihr müsst wissen, auf unserer Familie liegt jetzt seit 800 Jahren ein „Segen”, so würde es zumindest meine Großmutter nennen. Jedes Mitglied unserer Blutlinie macht an seinem 17. Geburtstag eine Zeitreise für einen Tag. Dafür muss man in unser altes Familienanwesen gehen, dort muss man im Keller eine bestimmte Holzdiele hochheben. An diesem Ort wird man einen alten Koffer finden, mit dem man reisen kann, und man darf nur drei Gegenstände bei sich tragen. Seit meinem elften Lebensjahr überlege ich schon, in welche Zeit und an welchen Ort ich gehen will. Ich entschied mich, in das Jahr 1970 zu reisen, um meinen Großvater zu treffen. Alle haben immer nur sehr hässlich und schlecht über ihn geredet. Sie behaupteten, dass er seinen eigenen Bruder in der Familienschmiede umgebracht haben sollte. Nur allein auf Grund dieses Verdachts wurde er hingerichtet, aber es wurden nie Beweise gefunden. Und ich will die Wahrheit wissen, ich muss sie erfahren.

Ich ging also zum alten Haus. Im Vorgarten begrüßte mich ein mittelgroßes Keramikschild, auf dem stand „Entrance“ geschrieben. Also trat ich ein. Es war so, wie es alle beschrieben hatten: sehr rustikal gehalten mit einer sehr hohen Decke. Ich hielt mich an die Vorschriften. Während ich die knarzende Treppe nach unten lief, ließ ich meine rechte Hand über das lackierte Holzgeländerstreifen. Ich ging in den Keller, hob die Holzdiele hoch und zog den Lederkoffer nach oben. Er war schwerer als gedacht, aber dennoch so wie beschrieben. Ich legte eine Videokamera, einen Notizblock und einen Kugelschreiber in den Koffer. Ich suchte an der Seite das Schloss mit Pin, dort gab ich die Zahlen 1 9 7 0 an und schlug drei Mal mit der Unterseite des Koffers auf den Boden. Alles fing an, sich zu drehen. Meine Augen schlossen sich von selbst.

Ich öffnete meine Augen erneut. Ich... ich war wirklich da. Es war so unbeschreiblich. Es war wie in allden Filmen, Erzählungen und Geschichten. Ich holte mir eine Zeitung und las das Datum: 01.05.1970. Das war das Datum, an dem mein Großonkel angeblich gestorben sein sollte. Ich lief sofort zur alten Schmiede, in der die beiden Brüder arbeiteten und suchte meinen Großvater. Dort befand er sich auch, er wirkte auf den ersten Eindruck sehr sympathisch und nicht so, wie allebehaupteten, dass er ein grausames Monster war. Als er mich sah, wusste er sofort Bescheid. Er wusste direkt, dass ich jemand aus der Zukunft war. Das war auch vielleicht offensichtlich, da ich im Vergleich zu den anderen sehr ungewöhnlich gekleidet war. Das Einzige, was er mich fragte, war: „Und aus welcher Generation bist du denn Kindchen?” Ich erklärte ihm alles. Sein Gesichtsausdruck war empört, er wollte stark wirken, aber ich sah, wie sich seine Augen mit Tränen füllten. Verständlich, wenn über Generationen hinweg berichtet wird, dass man ein Monster sei. 

Ihm fehlten die Worte. Schlussendlich erzählte er mir, dass er niemals seinen eigenen Bruder töten würde. Dabei fügte er hinzu, dass er vorhatte, den ganzen Tag noch mit seinem besten Freund Josef zu verbringen. Ich glaubte ihm und ich hatte auch schon eine Idee: Ich würde meine Kamera in die Schmiede stellen, so dass wir seinen Bruder beobachten können und sehen, wer ihn ermordet.

„Können wir ihn nicht komplett retten?”, fragte er mich. „Nein, können wir nicht. Wir dürfen nicht zu viel verändern und so retten wir wenigstens einen”, antwortete ich. „Wenn es sein muss, sterbe ich für ihn. Er ist mein Bruder!”, rief er sehr stolz. „Na gut, dann verbergen wir uns in der Schmiede. Vielleicht besteht Hoffnung für euch beide,” entgegnete ich ihm.

Gesagt, getan, wir stellten zusätzlich die Kamera an, um Beweise zu sammeln. Zuerst haben wir nichts Besonderes bemerkt, doch dann...

... doch dann erblickten wir etwas, was keiner zuvor geahnt hätte. Es war der beste Freund meines Großvaters. Er hielt eine silberne Pistole an die Schläfe seines Bruders. Währenddessen sprach er dramatisch: „Er wird dich mir immer vorziehen.” Bevor er abdrücken konnte, warf ich, ohne viel darüber nachzudenken, die Videokamera genauso in seine Richtung, dass ihm die Pistole aus der Hand fiel. Ich handelte, ohne darüber nachzudenken. Die Kamera ging kaputt und somit waren alle Beweise weg. Nun standen wir da, geplagt vom Schweigen, obwohl genug zu besprechen war. Langsam musste ich auf die Zeit achten, denn sobald man sich länger als 24 Stunden in der anderen Zeit aufhält, bleibt man dort bis an sein Lebensende. Ich hatte noch eine Stunde Zeit. Nach langer Stille stellte mein Großvater seinen Freund zur Rede. Auf jede Frage antwortete er nur: „Ich wollte nicht, dass es so abläuft.” Zum Abschluss einigten sie sich, dass Josef die Stadt umgehend verlassen sollte, dazu sollte er seinen ganzen Reichtum uns überlassen, für seine Freiheit. Josef wurde schnell bewusst, dass das für ihn hieß, wegzuziehen oder Tod. Er entschied sich für die erste Option.
Nach einer halben Stunde zog er schon über alle Berge und ich reiste nach Hause. Als ich zuhause ankam, fragte ich direkt meine Mutter, wie Großvater früher so war und sie antwortete: „Frag ihn doch selbst. Er ist in der alten Schmiede."

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