Über 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer fordern beim zweitägigen Netzwerktreffen der Partnerschulen im Deutschen Schülerstipendium mehr Bildungsgerechtigkeit
Mit seinem fesselnden Impulsreferat „Potenzial statt Privilegien“ gab Prof. Kai Maaz, Geschäftsführender Direktor des Leibniz-Instituts für Bildungsforschung und Bildungsinformation, den Startschuss zum Thema unseres diesjährigen Netzwerktreffens der 70 Partnerschulen im Deutschen Schülerstipendium: Wo bleibt eigentlich das Kind, das Förderung braucht, wenn gut gemeinte und korrekt gehandhabte Zuständigkeiten in diversen Einzelentscheidungen und zeitraubenden Abstimmungen letztlich doch das Kind nicht erreichen? Wie kommen wir im Labyrinth aus Zuständigkeiten unterschiedlichster Akteure endlich zu mehr Bildungsgerechtigkeit?
Über 80 Lehrkräfte, Schulleiterinnen und Schulleiter aus ganz Deutschland und den verschiedenen Schularten waren sich einig: Bildungsgerechtigkeit muss endlich ganz oben auf die politische Agenda. Wenn alarmierendste Meldungen über das schlechte Abschneiden deutscher Schülerinnen und Schüler in Vergleichsstudien nicht mehr auslösen als ein kurzes gesellschaftliches Kopfschütteln, dann ist es fünf oder vielleicht sogar eine Minute vor Zwölf.
Die lebhafte Diskussion mit Prof. Maaz zeigte, mit welchen Problemen die Schulen in der täglichen Arbeit zu kämpfen haben und wie sie mit viel Kreativität, Einsatz und Mut dennoch das Beste für ihre Schülerinnen und Schüler erreichen. Das Deutsche Schülerstipendium zeigt, was möglich wäre – aber es bleibt die Ausnahme und leider nicht die Regel.
In drei Austauschrunden formulierten die Teilnehmenden anschließend aus der Perspektive der verschiedenen Schularten Wünsche an die Politik, an die Gesellschaft und an die Stiftung. Natürlich fehlt an allen Ecken und Enden das Geld, aber das ist es nicht allein. Schule muss in die Lage versetzt werden, Basiskompetenzen nicht nur allen Kindern vermitteln, sondern garantieren zu können. Der Schlüssel dazu ist die Sprache: Verpflichtende Sprachtests zur Einschulung sind ein absolutes Muss, aber sie machen natürlich keinen Sinn, wenn die Verantwortung für die Schulfähigkeit der Kinder nun in der KiTa landet, die ihrerseits mit Personalnot kämpft und deren Erzieherinnen und Erzieher dafür nicht ausgebildet wurden.
Am Abend wurde noch lange weiterdiskutiert, neue Kontakte wurden geknüpft, gegenseitige Besuche geplant, eben alles, was zu einem funktionierenden Netzwerk gehört.
Der zweite Tag gehörte für die meisten Teilnehmenden dem großen Thema KI in der Schule. Hier arbeitet die Roland Berger Stiftung mit dem Lehrstuhl Human-Centered Technologies for Learning, Prof. Enkelejda Kasneci zusammen, um Tools zur individuellen Förderung zu entwickeln und zu erproben. Drei Stunden lang präsentierten Dr. Babette Bühler, Dr. Nadja Terzimehic und Franziska Kaltenberger faszinierende Einblicke in ihre Forschung. Als besonders zielführend erweist sich dabei die Verknüpfung von Wissenschaft und Schulpraxis, gar nicht selbstverständlich, wie man meinen sollte. Ob es das Programm PEER zur Korrektur von Deutschaufsätzen ist oder die Einführung von Grundschulkindern in das Thema KI: Alle waren sich einig, dass Schule proaktiv an die neuen Themen herangehen und für ihre Situation die besten Lösungen finden muss.
Im Workshop „Eltern in schwierigen Lagen als Partner gewinnen“ mit Barbara Loos und Doris Volkmer wurden gute Ideen zu diesem oft unlösbar scheinenden Problem ausgetauscht. Was tun, wenn die Schule die Eltern nicht mehr erreicht, entweder weil die sprachlichen Barrieren zu hoch sind oder das Schulsystem zu fremd ist?
Stephanie Weichbrodt von der Gebrüder Grimm-Schule in Hamm, dem Hauptpreisträger des Deutschen Schulpreises 2019, stellte im dritten Workshop vor, wie die Schule Basiskompetenzen fördert. „Lachen-Leisten-Lesen“: ansteckende Ideen für alle Teilnehmenden.
Bereichernde Referate, spannende Workshops und rundum die Überzeugung, dass man mit gegenseitiger Unterstützung trotz aller Widrigkeiten doch an der eigenen Schule viel für Bildungsgerechtigkeit tun kann. Wir freuen uns über diese großartigen Schulen und schmieden schon Pläne für das nächste Treffen!