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Mein Sommer in Harvard

Ein Bericht unserer Stipendiatin Zümrüt Alan (18 Jahre) aus Osnabrück 

Mit Hilfe der Else Kröner Fellowship konnte ich in diesem Sommer vier Wochen an der Harvard Summer School in Cambridge, Massachusetts, verbringen. Rückblickend war dies eine Erfahrung, die nicht nur meinen akademischen Blick geschärft, sondern auch meine persönliche Entwicklung tief geprägt hat.

Ich entschied mich für den Kurs "Introduction to Psychopathology" (Einführung in Psychopathologie), der einen umfassenden Überblick über die klinische Psychologie bot, aber auch an vielen Stellen ins Detail ging. Der Kurs war durchaus fordernd (weniger ein „Zuhören und Mitschreiben“), sondern eher ein ständiges aktives Mitdenken mit der ganzen Klasse. Schon vor den Sitzungen musste ich die bereitgestellten Texte und Artikel gründlich lesen, mir Anmerkungen machen und habe versucht, Zusammenhänge vorzubereiten, um während der Vorlesungen auch wirklich mitdiskutieren zu können.

Im Unterricht selbst nahm ich regelmäßig an Diskussionen, Gruppenarbeiten und Übungen teil. Besonders wertvoll waren für mich die Gespräche mit den Professoren und mit unserer Teaching Fellow Luciana, die immer wieder unerwartete Perspektiven eingebracht hat. Jede Gruppe beschäftigte sich während des Kurses intensiv mit einer spezifischen psychischen Störung. 

Unsere Wahl fiel auf die Zwangsstörung (OCD). In diesem Rahmen entwickelten wir verschiedene Projekte: eine Einführung ins Krankheitsbild, eine Literaturübersicht mit kritischer Auswertung empirischer Studien, eine Methodenskizze für ein mögliches Forschungsdesign, mehrere QALMRI-Analysen und zum Schluss eine Posterpräsentation, die wir im Plenum vorstellen durften.
Die Arbeit daran war manchmal anstrengend, aber gerade durch die enge Zusammenarbeit mit der Gruppe habe ich viel gelernt: nicht nur inhaltlich über psychische Erkrankungen, sondern auch darüber, wie man wissenschaftlich (auf Englisch!) arbeitet und gleichzeitig als Team produktiv bleibt.

Jenseits des reinen Fachlichen war mein Aufenthalt in Harvard eine unvergessliche Lebenserfahrung für mich. Ich lebte in einem Dormitory („Pennypacker Hall“), zusammen mit drei Mitbewohnerinnen aus China und den USA, und schon allein das tägliche Zusammenleben war eine neue Erfahrung. Der Campus hat mich jedes Mal aufs Neue beeindruckt: die altehrwürdigen Gebäude, die weitläufigen Grünflächen des Harvard Yard und vor allem die Bibliotheken, die wirklich alles zu bieten schienen: vom ersten gedruckten Buch der Welt (Gutenberg Bibel) bis hin zu Filmen, die man sonst kaum findet.

Besonders prägend waren aber die Menschen, die ich dort kennenlernen durfte. Junge Leute aus der ganzen Welt mit völlig unterschiedlichen Hintergründen und Zukunftsvorstellungen. Wir sprachen nicht nur über unsere Kurse, sondern auch über unsere Kulturen, unsere Hoffnungen für unsere Zukunft, manchmal auch über Zweifel. Diese Gespräche haben meinen Blick geweitet und mir neue Einblicke gegeben.

Die Zeit an der Harvard Summer School war für mich voller Herausforderungen und Begegnungen, die mir noch lange im Gedächtnis bleiben werden. Ich habe viel gelernt - fachlich über Diagnostik und Forschung, aber genauso über mich selbst. Für diese Möglichkeit bin ich der Else Kröner Fellowship von Herzen dankbar.